Stoorn, der Riesenelch

Ein Elch, der so groß ist, dass man ihn aus kilometerweiter Entfernung sehen kann. Mit einer Höhe von 50 Metern und einer Länge von 40 Metern, die Schnauze angelehnt an eine übergroße Kiefer. Ein Elch, der vollständig aus Holz besteht und auf dem Gipfel des Vithatten steht. Durch die Kiefer fährt ein Fahrstuhl bis zum Eingang in der Schnauze. Eine Rezeption in den Mandeln empfängt den Besucher, der sich im Restaurant, in Ausstellungsräumen oder in Konzertsälen vergnügen kann. Ein gigantisches Bauprojekt als Wahrzeichen für Schweden reiht sich ein in die kolossalen Bauwerke der Welt – direkt neben Freiheitsstatue, Big Ben und Taj Mahal.

Es war das Jahr 1999, als dem in Svansele lebende Thorbjörn Holmlund eine Idee in den Sinn kam. Der Naturguide hat sein ganzes Leben in Västerbotten verbracht und sorgt mit seinem Familienunternehmen „Vildmarkscenter Svansele“ nicht nur dafür, dass Besucher aus der ganzen Welt eine unvergessliche Nacht fernab der Zivilisation in einer einsamen Hütte verbringen, die zu unmenschlichen Gruselgeschichten inspiriert. Er verspricht seinen Gästen, dass sie einen Elch zu Gesicht bekommen. Dafür gibt es sogar eine Elchgarantie, die den Gast absichert. Sollte Thorbjörn den Gästen keinen lebenden Elch in freier Wildbahn zeigen können, bekommen sie ihr Geld zurück.

Välkommen
Abenteuerlustige Gäste sind Willkommen in Svansele | © Christine Riel

Im besagten Jahr führte Thorbjörn eine Gruppe italienischer Urlauber auf Schneemobilen durch die Wälder Västerbottens, auf der Suche nach dem König der Wälder. Der Tag neigte sich dem Ende entgegen, ohne dass sich das faszinierende Tier zeigte. Das könnte ganz schön teuer werden, dachte Thorbjörn. Wenn die Suche erfolglos verläuft, muss er allen 16 Personen sämtliche Reise-, Übernachtungs- und Nahrungsmittelkosten zurück erstatten. Das Glück war ihm hold und kurz vor Sonnenuntergang bekam die Gruppe auf einer Waldlichtung im Schein der letzten Sonnenstrahlen Elche zu sehen. Die Italiener waren so glücklich, dass sie auf ihren Schneemobilen tanzten. Und auch Thorbjörn tanzte, allerdings nur innerlich. Denn er ist einem großen finanziellen Verlust entkommen.

Naturerlebnis
Thorbjörn verspricht einzigartige Naturerlebnisse | © Christine Riel

Das sollte ihm nicht noch einmal passieren. In seinem Kopf wuchs die Idee eines überdimensionalen Elchs, der mitten auf der Spitze des Berges Vithatten steht. Das Holztier soll so groß sein, dass es mit zwei Beinen in Västerbotten und mit zwei Beinen in Norrbotten steht. Die Elche faszinieren die Menschen seit jeher. Das sieht Thorbjörn immer wieder, wenn er seinen Gästen lebende Elche zeigt. Er will seinen Touristen ein einmaliges Erlebnis bieten. Ein gigantischer Elch mitten auf der Spitze eines Berges wäre die Geschäftsidee. In dem Riesenelch soll es Konferenzräume geben, Restaurants und Konzertsäle. Auf drei Ebenen sollen Räumlichkeiten entstehen, die den Besuchern unvergessliche Momente bereiten. Im Geweih des Elchs soll eine Aussichtsplattform entstehen, die einen Blick über die endlosen Weiten der Wälder von Väster- und Norrbotten erlaubt.

Gipfel
Auf dem Gipfel des Vithatten | © Christine Riel

Thorbjörn verwandelte seine Idee in ein Konzept. Gemeinsam mit seinem Sohn gestaltete er 3D-Modelle des mächtigen Bauwerks. Ein virtueller Rundgang führt den Besucher durch das Innere des Elchs. Detaillierte Bauzeichnungen visualisieren seine Vorstellungen. Das Projekt bekam sogar einen Namen: Stoorn – ein Begriff aus dem lokalen Dialekt, der übersetzt so viel bedeutet wie „der Große“. Mit diesen Unterlagen stiefelte Thorbjörn direkt in die Besprechungsräume der großen Firmen und Unternehmen der Region, denn er benötigte Geld. Viel Geld. Doch während er versuchte, sein Vorhaben den großen Geschäftsleuten schmackhaft zu machen, bemerkte er das innerliche Schmunzeln der Unternehmer. Erfolglos verließ er die Räumlichkeiten. Doch sein Wille ist ungebrochen. Alle sollten ihn hören und so machte er sich auf in die umliegenden Dörfer. Er fuhr von Skellefteå über Norsjö nach Glommersträsk, klapperte Missenträsk und Arvidsjaur ab und erzählte nicht zuletzt in Svansele selbst von seinen Plänen. Natürlich gab es auch Schattenseiten. Der Elch würde im späteren Betrieb niemals die Kosten einfahren, die er für seinen Bau benötigte. Denn diese belaufen sich auf 100 Millionen Schwedische Kronen. Außerdem wohnt im Umkreis von mehreren Kilometern keine einzige Menschenseele. Mitarbeiter müssten einen weiten Anfahrtsweg auf sich nehmen, um zu Stoorn zu gelangen und nicht zuletzt müssen neue Straßen gebaut werden, um alleine den ersten Spatenstich setzen zu können.

Västerbotten
Ein Bauprojekt mitten im Nirgenwo | © Johannes Hansen

Doch die Menschen in den umliegenden Dörfern stellten sich auf Thorbjörns Seite. Sie befürworteten seinen großen Plan, denn schließlich würde das Projekt jede Menge Touristen in die Region locken und neue Arbeitsplätze schaffen. Die Dörfer würden sich vor dem Aussterben retten und Bauern bekämen mehr Einnahmen für den lokalen Verkauf ihrer Produkte. Und plötzlich zeigten sich auch die großen Firmen interessiert, die Thorbjörn einst nur kopfschüttelnd abgewiesen haben. Es ging voran.

Järvträsk
Dörfer sollen von den Touristenanströmen profitieren | © Johannes Hansen

Thorbjörn bekam die lang ersehnte Baugenehmigung. Er hatte sämtliche Zusagen für finanzielle Unterstützungen bekommen. Doch dann kam das Jahr 2008. Thorbjörn bezeichnet dieses einschlägige Jahr als smolken 2008, als Wermutstropfen. Dieses Jahr ist als das Jahr des Börsencrashs an der Wall Street in die Geschichte eingegangen. Die Geldgeber zogen ihre Mittel zurück, denn nun mussten sie selbst überleben. Ein riesiger Rückschlag für Thorbjörn, der weh tut. Wäre das Geld und die Baugenehmigung nur ein Jahr früher gekommen, dann wäre der Bau längst gestartet.

Geldmangel
Geldmangel | © Christine Riel

Der Naturguide aus Svansele gibt seitdem nicht auf. Er kämpft Jahr für Jahr und versucht, potentielle Geldgeber von dem zukünftigen Touristenmagnet zu überzeugen. Um die Witterungsbeständigkeit verschiedener Holzarten und Materialien zu erproben, die später einmal den enormen Körper des Elchs bilden sollen, lässt Thorbjörn ein speziell konstruiertes Windschutzdach auf dem Vithatten errichten. Er schafft es, dass die Baugenehmigung immer wieder verlängert wird.

Dach
Probedach auf dem Gipfel | © Christine Riel

Doch das Geld fehlt bis heute. Das einzige was bleibt, ist das Runddach auf dem Gipfel des Vithatten – Aber die Hoffnung lebt weiter. Ein grandioser Ausblick eröffnet sich dort oben auf dem Gipfel. Die Region ist ruhig und wild. Nur wenige Touristen verirren sich in diese Landschaften. Es sind die, die auf der Suche nach dem wahren Abenteuer in der Wildnis sind. Und wenn sie frisches Gemüse brauchen, gehen sie zum Möhrenjesus…

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