Listera cordata – Orchidee mit Vorliebe für Schatten(seiten)
Wenn sich der Wald auf natürliche Weise entwickeln darf, taucht diese kleine Orchidee wie aus dem Nichts auf. Sie hat hohe Ansprüche an die Luftfeuchtigkeit und verzeiht keine Lebensraumveränderungen. Da immer mehr Wälder bewirtschaftet werden, findet das Kleine Zweiblatt vielerorts keine optimalen Lebensbedingungen mehr vor. Im Abisko Nationalpark kann sich die zierliche Pflanze ungestört in dem feucht-schattigen Milieu des Birkenwaldes ausbreiten und dennoch bleibt sie dem Auge meist verborgen.
Ihre Blüten sind nicht gerade auffällig und doch bei genauerer Betrachtung ein Wunderwerk der Natur. Die filigran geformten Kronblätter leuchten in braunen, grünen und dunkelroten Farbtönen. Die Blüten setzen sich auf fünf sternförmig angeordneten Kronblättern und einer nach unten weisenden Lippe zusammen. Diese Lippe ist wie eine Reptilienzunge eingeschnitten.
Doch nicht jeder möchte sich dieser Pflanze bis auf wenige Millimeter Distanz nähern, denn ihr Geruch ist nicht unbedingt angenehm. Eigentlich riecht diese Orchidee nach verdorbenem Essen. Es sind keine hübschen Hummeln oder Nachtfalter, die von dem seltsam duftenden Nektar angelockt werden. Listera cordata wird von Mücken bestäubt. Pilzmücken und Trauermücken teilen die Liebe zu feuchten und schattigen Lebensräumen und sind zum Glück vollkommen harmlos, denn sie haben es nicht auf das menschliche Blut abgesehen. Daher steht dem ausgiebigen Fotografieren dieser Art bis auf das Aroma nichts im Wege.
Nach der Reife platzt die Fruchtkapsel auf und entlässt einen feinen Samenstaub, der mit dem Wind fliegen darf. Wenn es um die Vermehrung geht, verlässt sich das Kleine Zweiblatt nicht ausschließlich auf die Samenverbreitung. Sie bildet Ausläufer, die sich durch die dichten Moospolster ziehen. Daher kommen in der Nähe einer Orchidee sehr häufig weitere Pflanzen vor, die zu einem Individuum zählen.
