So ganz möchte sich der Winter noch nicht verdrängen lassen, denn er lässt sich Zeit mit seiner Verabschiedung. Noch immer zeigt er, wer die Jahreszeit dominiert. Doch der Frühling versucht immer öfter, seine Energie über dem Land zu versprühen. Es ist ein sanfter Kampf der Jahreszeiten.
Es ist ein wunderschönes Gefühl, den dicken Schneeanzug endlich wieder in der hintersten Schrankecke verstauen zu können und endlich wieder leicht bekleidet raus gehen, ohne dass einem das Näschen abfriert. Die Psyche macht Purzelbäume und weiß gar nichts mit der neuen Lebensenergie anzufangen. Endlich wärmen die Sonnenstrahlen wieder das Gesicht und bringen die Schneemassen auf den Dächern zum Schmelzen.
Nordschweden im Winter | © Johannes Hansen Västerbotten im Frühlingswinter | © Johannes Hansen
Genau jetzt hat uns die fünfte Jahreszeit des Nordens voll im Griff – der vårvinter. Es ist eine Mischung aus Winter und Frühling. Ein typischer Schneemonat, in welchem die Sonne tagsüber für Plusgrade sorgt und durch die reflektierende Schneedecke noch stärker wirkt. Wenn die Temperaturen in der Nacht wieder unter den Gefrierpunkt fallen, verwandelt sich die angeschmolzene Schneeoberfläche in eine dünne Eisschicht, auf der faszinierende Lichtreflektionen entstehen. Die Schweden nennen diese Schicht skare. Im Deutschen bekannt als Bruchharsch.
Pfade auf dem See | © Johannes Hansen
Diese energiegeladene Jahreszeit ist zwar noch nicht in der Pflanzenwelt spürbar, wohl aber in der Fauna. Knallrote Gimpel und gut getarnte Weidenmeisen tummeln sich um unser Vogelhäuschen und sonnen sich auf der abgestorbenen Birke. Die Lust auf soziale Unternehmungen steigt nicht nur bei uns. Auch die Schweden zieht es nach draußen und so sieht man auf jedem zugefrorenen See lichtbegierige Menschen auf Skotern oder in Schneeschuhen. Sie lassen sich mitten auf dem verschwundenen Gewässer nieder, um zu picknicken.
Sonnenuntergang über dem Norden | © Johannes Hansen
Es gibt kokkaffe (=Kochkaffee). Dieser wird gemäß der Tradition aus grob gemahlenem Kaffee mit Wasser über dem offenen Feuer aufgekocht. Dazu gibt es das ebenfalls traditionell nordische Gericht kolbulle (wörtlich: Kohlenbrötchen). Es war typisch für Straßenarbeiter, Köhler und sonstige Menschen, die körperlich arbeiteten und ein schnelles und einfaches Mahl benötigten. In der einfachsten Form besteht ein solches pfannkuchenähnliches Brötchen aus Wasser, Mehl, Salz und gepökeltem Schweinefleisch, welches in einer Pfanne über dem Lagerfeuer zubereitet wurde.
Die Sehnsucht des Menschen | © Johannes Hansen Angrillen in Schweden | © Johannes Hansen
Bei all diesen Traditionen bekommen wir Lust auf etwas typisch Deutsches. Weil wir hier so weit ab von jeglichen Gesellschaften sind, holen wir uns ein bisschen deutsche Tradition nach Nordschweden. Es ist Zeit zum Angrillen!