Schattenwelten

Ich glaubte, wenn ich mich auf das Positive konzentriere, wird alles gut. Ich glaubte, wenn ich nur fest an das Gute denke, verändert sich die Welt zum Besten. Ich glaubte all diese Dinge, bis ich realisierte, dass ich in einer erträumten Realität lebe. Denn irgendetwas lauert tief im Dunkeln. Etwas, dass wie ein Damoklesschwert über mir schwebt und nur darauf wartet, auf mich herabzuschießen. Heute sind die unsichtbaren Stricke gerissen, die es auf sicherer Distanz hielten.

Meine Schreibblockade verfolgt mich jetzt schon seit mehreren Wochen. Dabei haben sich meine Visionen so deutlich vor meinem inneren Auge manifestiert. Immer deutlicher visualisierte sich diese eine Idee. Ich tauchte tiefer ein in meine Psyche, investierte Zeit und Geld in meine Selbstfindung, saugte Methoden des mentalen Glückstrainings auf und konnte es kaum erwarten, die nächsten Schritte anzugehen. Plötzlich schien meine künstlerische Aktivität einen tieferen Sinn anzunehmen und ich spürte, genau dort muss ich weitermachen. Unendlich viele Impulse schossen mir durch den Kopf und ich wollte meine Geschichte erzählen, wie ich diese depressive Blase zum Platzen brachte und immer weiter nach meinem persönlichen Glück strebte. Ich wollte inspirieren, ermutigen und animieren.

Seit Wochen nehme ich mir vor, die Zutaten meines Glückselixiers zu entschlüsseln. Ich wollte mich noch mehr auf die kleinen Dinge konzentrieren, die mein Leben so wertvoll machen. Für jeden Augenblick dankbar sein. Negative Glaubenssätze in Positive verwandeln. Ich verschlang Literatur, die mir Selbstliebe und Achtsamkeit lehrten. Plötzlich formte sich eine neue Blase, gefüllt von Glückseligkeit, Lebensfreude und Begeisterung. Mir machten negative Erlebnisse nichts mehr aus, denn ich wusste ja, dass es das Universum gut mit mir meint – wenn ich nur daran glaube… Du bist deines Glückes Schmied. Du ziehst das an, was du denkst. Glaub an das Gute und es wird sich erfüllen. Alles leere Worte? Jeder Tag entwickelte sich zu einer verborgenen emotionalen Odyssee. Ich zwang mich dazu, sämtliche Negativität auszugrenzen aus meiner kleinen heilen Welt.

Bis nichts mehr ging.

Mein Kopf gleicht einem dunklen Kosmos aus grollenden Gewitterwolken. Der Sturm entlädt seine gesamte Energie und ich realisiere, dass ich mich tief in dieser dunklen Welt befinde: meiner Schattenwelt.Viel zu lange habe ich sie unterdrückt, diese schweren Emotionen. Das Unwetter bahnte sich schleichend an und zeigte sich dennoch mit unübersehbaren Signalen. Da war diese innerliche Schwere, die mir den Einstieg in jeden einzelnen Tag behinderte. Diese körperlichen Symptome, die auf keine reale Ursache zurückzuführen sind. Und nicht zuletzt diese komplette Blockade meiner gesamten Kreativität. Der Schreibfluss ist schon viel zu lange ins Stocken geraten. Es wollten einfach keine Worte mehr aus meinem Kopf heraussprudeln. Ich war eine Gefangene meiner eigens gestalteten Welt und sah nicht, dass ein innerlicher Kampf kurz bevorstand.

Heute stelle ich mir die Fragen: Gibt es überhaupt einen Ausweg? Ist das Glück doch nur eine Illusion unseres Geistes? Während ich meinen Gedanken freien Lauf lasse, spüre ich, wie sich der Sturm etwas legt. Der wolkenverhangene Himmel klart auf und lässt diffuse Sonnenstrahlen durchscheinen. Das Leben ist eine endlose Sinuskurve, deren Linie sich von einem Hochdruckgebiet in das nächste Tief bewegt. Dann kann sie mit voller Kraft in die nächste Hochphase steuern, die nur in die nächste Senke führen kann. Es ist eine Endlosschleife, die wir nicht verlassen können. Kapitulation statt Bekämpfung und Unterdrückung, um des innerlichen Friedens Willen? Nein, denn es gibt eine simple Lösung dieses Dilemmas:

Akzeptanz.