Irgendwie habe ich das Gefühl, ich bin sehr leidenschaftlich. Es ist das, was ich tief in meinem Inneren verspüre. Dieses innere Erleben will sich äußerlich präsentieren. Doch was genau bedeutet es, leidenschaftlich zu sein? Ist es messbar? Gibt es eine Formel, nach der sich die Leidenschaft berechnen lässt? Ist sie an Bedingungen geknüpft, oder existiert sie nur aus sich heraus?

Wenn ich schreibe, gebe ich mich vollkommen dem Fluss meiner Kreativität hin. Ich verleihe meinen Gedanken Ausdruck und manifestiere sie in Worten. Die Gedanken fließen wie ein ungezähmter Fluss in seiner ursprünglichen Gestalt: wild, ruhig, ungezähmt, entspannt. Doch manchmal auch verkümmert und zwar dann, wenn Blockaden meine Seele beschweren. Wenn das Leben schwer wird, ich Lasten trage und Probleme löse. Wenn ich nicht mehr meine eigentliche Energie spüre, dann gerät meine gesamte Kreativität ins Stocken. Ich funktioniere, produziere und leiste anstatt zu sein, zu erfüllen und zu bereichern.

Das Schreiben ist meine Leidenschaft. In jedem Wort steckt ein Stück meiner Seele, meiner tiefen inneren Natur. Es wirkt belebend, folgt es doch keinen Regeln und Vorschriften. Im Schreiben bin ich frei, bin ich wild, bin ich einfach so wie ich bin. Was ich schreibe, unterliegt keinem Druck. Es ist losgelöst von Erwartungen. Ich gebe mich vollkommen hin und erfülle nichts. Ich erlaube meinem Geist, sich mit dem Fluss des Lebens treiben zu lassen und schreibe über das, was mich beschäftigt. Im Schreiben verliere ich mich, um zu sein und zu heilen.

Leidenschaft ist ein Zustand des Gemüts, ein emotionales Verhalten, welches sich zwar durch den Verstand kontrollieren, nicht aber bändigen lässt. Ein Aufflammen lässt sich unterdrücken, aber nicht auf Dauer stoppen. Gleichzusetzen mit einem kraftvollen Vulkanausbruch. Wird seine Eruption durch Barrikaden gebremst, sucht sich das Feuer einen anderen Weg. Die Leidenschaftlichkeit folgt keinen Gesetzmäßigkeiten, hält sich nicht an Regeln, kommt und geht wie es ihr passt. Sie ist die Personifizierung des Weiblichen und tief in der Seele verankert. Sie ist eine Schöpferkraft, angetrieben von Gefühlen, die den Verstand völlig ergreifen. Die Annahme von Liebe und Hass, Mut und Zweifel, Begeisterung und Angst. Positiv und negativ. Stark und schwach. Emotionen in all ihren Facetten ohne Unterdrückung, Zurückhaltung oder Rechtfertigung. Sie ist eine tief verankerte Triebkraft, die zur Veränderung führt. Zum Ausbruch aus der eigenen Komfortzone. Sie sprengt Grenzen und überwindet Ängste. Sie folgt nur einer Mission: aus dem Leiden schaffen.

Leidenschaft folgt keiner Logik. Sie unterliegt keinen mathematischen Berechnungen. Sie lässt sich nicht fassen, denn sie ist frei. Sie äußert sich im Experimentieren, Erfahren, Aufgeben, Scheitern, Aufstehen, Gewinnen, Verlieren, Wachsen, Fühlen. Leidenschaft ist Verbundenheit und Selbstliebe. Sie ist das Leben.
„Suche im Leiden den Samen deines künftigen geistigen Wachstums, sonst ist das Leben sehr bitter.“
– Leo Tolstoi